Geschwollene Beine durch Medikamente

Schwellen die Beine an, denkt man zuerst an ein Venenleiden oder ein Lymphödem. Bei Patienten die Medikamente einnehmen, ist aber häufig gar nicht eine Erkrankung des Venensystems die Ursache für die Schwellungen, sondern die Medikamente. Manchmal lassen sich die Schwellungen in den Griff bekommen indem man das Medikament durch ein anderes Präparat mit gleicher Wirkung ersetzt. Der Ersatz von Medikamenten durch ein Gleichwertiges (Substitution) ist aber nicht immer möglich, z.B. weil das Ersatzmedikament noch schwerere Nebenwirkungen auslöst. Hier kann man die geschwollenen Beine mit Kompression behandeln.

Medikamente können Schwellungen auslösen

Welche Medikamente verursachen Schwellungen?

Verschiedene Medikamente können die Ursache für geschwollene Beine sein. Besonders häufig werden die Schwellungen aber bei der Einnahme folgender Medikamentengruppen beobachtet.

  • Kalziumantagonisten: Vor allem bei Frauen ab dem mittleren Alter können Kalziumantagonisten Schwellungen auslösen. Das weil die Medikamente eine Erweiterung der feinsten arteriellen Gefässe bewirken, während die venösen Kapillaren unverändert bleiben. Flüssigkeit tritt mühelos aus den Gefässen aus, wird aber nicht mehr in der gleichen Menge wieder aufgenommen.
  • Diuretika: Eigentlich sollen „Wassertabletten“ die Ausscheidung von Wasser fördern um Schwellungen zu reduzieren. Gerade bei der Einnahme über längere Zeit kann es aber zu einer Art „Gewöhnung“ durch Veränderungen im Hormonhaushalt kommen, sodass die Wirkung umgekehrt wird und vermehrt Wasser eingelagert wird. Betroffene versuchen diesen Effekt durch eine Steigerung der Dosis zu kompensieren, sodass es zu einer Art „Sucht“ kommt.
  • Hormone: Hormone haben unter anderem Einfluss auf die Einlagerung von Wasser im Gewebe. Beinödeme treten vor allem bei der Einnahme von weiblichen Sexualhormonen auf.
  • Psychopharmaka: Medikamente zur Behandlung von psychischen Erkrankungen können Lithium enthalten, das die Rückresorption von Flüssigkeit in die Gefässe bremst. Andere Psychopharmaka fördern die Erweiterung der Gefässe. (1)

Abklärung beim Arzt notwendig

Treten geschwollene Beine als Nebenwirkung von Medikamenten auf, ist das immer ein Grund den Arzt zu konsultieren. Er kann die Dosierung des Medikaments anpassen, um die Nebenwirkungen zu lindern. Reicht das nicht aus, gibt es für viele Medikamente gleichwertige Ersatzprodukte, die allenfalls besser vertragen werden.

Geschwollene Beine mit Kompression behandeln

Nicht alle Medikamente lassen sich ersetzen. Um die geschwollenen Beine dennoch in den Griff zu bekommen, bietet sich die Kompressionstherapie an. Da es sich um eine physikalische Behandlungsmethode handelt, gibt es keine bekannte Wechselwirkung mit Medikamenten. Die Behandlung erfolgt mit Kompressionsstrümpfen. In schweren Fällen kann die apparative Lymphdrainage als Ergänzung eingesetzt werden.

Kompressionsstrümpfe für den Alltag

Für den Transport von Flüssigkeit im Körper ist vor allen der Blutkreislauf verantwortlich. Es transportiert Flüssigkeit in alle Bereiche des Körpers, wo diese durch die feinsten Haargefässe in den Zwischenzellraum austritt, um später von den venösen Haargefässen wieder aufgenommen zu werden. Das Lymphsystem wirkt unterstützend. Die ca. 10% der Flüssigkeit die nicht von Blutkreislauf wieder aufgenommen werden, sammeln die Lymphkapillaren und transportieren sie zurück in den Kreislauf.

Manche Medikamente erweitern die Gefässe, sodass mehr Flüssigkeit ins Gewebe austritt, aber von den venösen Haargefässen nicht mehr wieder aufgenommen werden kann. Andere Wirkstoffe wie Lithiumsalze halten Flüssigkeit im Gewebe zurück.

Kompressionsstrümpfe üben von aussen Druck auf das Gewebe aus. Die übermässige Flüssigkeitsfiltration ins Gewebe wird so reduziert und Flüssigkeit im Gewebe in Richtung Gefässe verschoben.

Wer geschwollene Beine hat, sollte jeden Tag, möglichst direkt nach dem Aufstehen Kompressionsstrümpfe anziehen.

Welche Kompressionsstrümpfe eignen sich?

Das hängt davon ab, wie ausgeprägt die Schwellungen sind und ob Begleiterkrankungen bestehen.

Ein Kompressionsstrumpf der Klasse 2 mit einer hohen Stiffness wie z.B. Venosan 7002 oder Juzo Move, bietet die beste Wirkung bei geschwollenen Beinen.

Bei leichten Schwellungen eignen sich hochelastische Kompressionsstrümpfe der Klasse 2 wie die Sigvaris Magic oder Venosan 4002.

Patienten die an einer arteriellen Durchblutungsstörung leiden, sollten bei einem ABI < 0,5 keine Kompressionsstrümpfe tragen. Bei einem ABI zwischen 0,5 und 0,8 eignen sich Kompressionsstrümpfe mit einer leichten Kompression, wie die Sigvaris Diabetic Compression Socks.

Apparative Lymphdrainage als Ergänzung

Die apparative Lymphdrainage oder intermittierende pneumatische Kompressionstherapie (IPK) wird von einem Gerät (VASOprime wave 4) mit dazu passender Manschette durchgeführt. Die Manschette hat mehrere Luftkammern, die vom Gerät nacheinander aufgepumpt werden. Die so erzeugte Wechseldruckmassage entstaut die Schwellung.

Um den abgeschwollenen Zustand nach der apparativen Lymphdrainage möglichst lange zu erhalten, werden im Alltag Kompressionsstrümpfe getragen.

Vorsicht bei Herz- und Nierenerkrankungen

Die Kompressionstherapie mit Strümpfen oder IPK verschiebt Flüssigkeit in die Gefässe. Dadurch wird das Herz stärker belastet, weil mehr Flüssigkeit in Kreislauf ist und die Nieren, weil sie mehr Flüssigkeit ausscheiden müssen. Personen mit Herz- oder Nierenerkrankungen sollten deshalb immer zuerst ihren behandelnden Arzt fragen, ob die Kompressionstherapie für sie geeignet ist.

Absolute Kontraindikationen für die Kompressionstherapie sind dekompensierte Herzinsuffizienz, eine schwere nicht eingestellte Hyperthonie, Myokardinfarkt und Lungenödem.


  1. Viele Medikamente machen Ödeme. CV 16, 28 (2016). https://doi.org/10.1007/s15027-016-0991-y

2 Comments to “Geschwollene Beine durch Medikamente”

  1. besonders bei Nierenerkrankungen halten ich die Verordnung von Kompressionsmedikamenten für unbedacht und gefährlich für den Patienten

    1. Ja und nein! Nierenerkrankungen sind keine absoluten Kontraindikationen für Kompressionsstrümpfe. Die Entstauung (welche ja primär nicht mit Strümpfen erfolgt!) sollte vorsichtig, langsam und unter ständiger Kontrolle der Nierenfunktion erfolgen. Ist der gewünschte Zustand erreicht, so spricht nichts gegen die Versorgung mit Kompressionsstrümpfen zur Erhaltung. Wir hoffen, dass die Angaben klärend sind.

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