Beinvenen-Thrombose

Das Thema Thrombose oder besser Thromboseprophylaxe kennen die meisten von längeren Flugreisen. Das lange Sitzen kann die Entstehung einer Thrombose (Blutgerinnsel) begünstigen. Aber nicht nur auf Reisen, sondern auch in der Schwangerschaft, nach Operationen oder bei Krampfadern ist das Thromboserisiko erhöht. Hier erfahren Sie mehr über die Entstehung ,die Behandlung und die Spätfolgen der Erkrankung.

Das Venensystem der Beine

Der gesamte Körper wird von Blutgefässen durchzogen. Es wird zwischen den Arterien unterschieden, welche sauerstoffreiches Blut in den Körper transportieren und den Venen, welche sauerstoffarmes Blut zurück zum Herzen führen. Es gibt sehr grosse Blutgefässe, welche viel Blut transportieren und kleinere, die sehr fein verästelt sind, deshalb viel Gewebe durchziehen, aber nur wenig Blut transportieren können.

Oberflächliche und tiefe Venen

Im Bein wird zwischen dem oberflächlichen und dem tiefen Venensystem unterschieden. Das oberflächliche System erstreckt sich wie ein Netz nahe unter der Haut und besteht aus eher feinen Gefässen. An manchen Stellen, z.B. am Knöchel oder an der Wade sind die oberflächlichen Venen sichtbar. Die tiefen Beinvenen verlaufen zwischen der Muskulatur und transportieren rund 90% des venösen Bluts.

Perforansvenen

Beide Venensysteme sind über die Perforansvenen miteinander verbunden, wobei Klappen in den Perforansvenen sicherstellen, dass das Blut immer nur vom oberflächlichen ins tiefe System fliessen kann.

Wadenpumpe

Die grossen Venen verlaufen zwischen den Beinmuskeln. Das hat den Vorteil, dass sie bei jeder Muskelbewegung „ausgepresst“ werden. Der Blutfluss entgegen der Schwerkraft, in Richtung Herzen wird so unterstützt. Dieser Mechanismus wird Muskel- oder Wadenpumpe genannt. Zusammen mit der Sogwirkung des Herzen sorgt er für den Transport von venösem Blut. In den Venen verhindern Klappen, dass Blut mit der Schwerkraft wieder in Richtung Füsse vom Herzen wegfliesst.

Was ist eine Thrombose?

Kommt es zu einer Verletzung, z.B. einem Schnitt mit dem Küchenmesser, sammeln sich Blutplättchen (Thrombozyten) im Bereich der Wunde an. Kurz darauf werden die Gerinnungsfaktoren, spezielle Proteine im Blut, zerlegt und u.a. zu Fibrinfäden umgewandelt, welche die Blutplättchen über der Wunde „festbinden“. Sobald der Blutfluss aus der Wunde gestoppt ist, bremsen Inhibitoren (Hemmstoffe) die Blutgerinnung.

Bei einer Thrombose passiert genau das gleiche wie bei der Blutgerinnung nach einer Verletzung. Allerdings wird die Gerinnung nicht rechtzeitig gestoppt, sodass sich immer mehr Thrombozyten anhäufen. Dabei können Gerinnsel (Thromben) entstehen die sich über die ganze Länge des Beins erstrecken. Sie behindern den Blutfluss beträchtlich.

Oberflächliche und tiefe Venenthrombose

Es kann zwischen der oberflächlichen Venenthrombose und der tiefen Beinvenenthrombose (TVT) unterschieden werden. Oberflächliche Thrombosen sind seltener und weniger schwerwiegend als die TVT. Bei der tiefen Venenthrombose ist der Blutfluss stark behindert und es kann zu verschiedenen schwerwiegenden Komplikationen kommen.

Lokalisation

Thrombosen treten fast ausschliesslich in den Beinen auf. Dabei können die Venen der Wade, in der Kniekehle, im Oberschenkel oder im Becken betroffen sein. Sind mehrere dieser Bereiche betroffen spricht man von einer Mehr-Etagen-Thrombose. Ein Sonderfall davon ist die 4-Etagen-Thrombose, bei welcher sich der Thrombus von der Wade bis ins Becken erstreckt.

3 Voraussetzungen für eine Thrombose –Virchow-Trias

Damit sich ein Thrombus bilden kann, muss eine von drei Voraussetzungen erfüllt sein. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Virchow-Trias, da der deutsche Pathologe Rudolf Virchow die drei auslösenden Faktoren für eine Thrombose erstmals beschrieben hat.

Veränderungen der Gefässwand

Ist die Innenwand (Intima) eines Blutgefässes verletzt, werden an dieser Stelle Thrombozyten abgelagert. Eine solche Verletzung kann beispielsweise durch Operationen, Unfälle, Medikamenten- oder Nikotinablagerungen entstehen. Zusammen mit den beiden andern Faktoren kann die Veränderung zur Bildung eines Thrombus führen.

Veränderte Hämodynamik

Das Blut ist ständig in Bewegung. Verlangsamt sich die Fliessgeschwindigkeit stark, können sich Thrombozyten ungehindert an andere anheften bis ein grosses Gerinnsel entsteht.

Erhöhte Gerinnungsneigung

Im Normalfall halten sich Gerinnungsfaktoren und Hemmstoffe die Waage, sodass es bei Verletzungen zwar zum Wundverschluss kommt, aber nicht zur unkontrollierten Vergrösserung des Thrombus. Ist diese Gerinnungsneigung z.B. durch Medikamente oder eine veränderte Blutviskosität (z.B. mangelnde Flüssigkeitszufuhr, Durchfall, starkes Schwitzen) erhöht, ist die dritte nötige Voraussetzung für die Entstehung einer Thrombose gegeben.

Risikofaktoren

Fehlende Bewegung

Die Wadenpumpe befördert das Blut in den Venen. Wer sich lange nicht bewegt, aktiviert die Wadenpumpe nicht und das Blut kann sich stauen. Besonders häufig ist das auf Reisen oder bei bettlägerigen Personen der Fall. Auch ein Gipsverband schränkt die Bewegung komplett ein, sodass es zu einer Thrombose kommen kann.

Schwangerschaft

In der Schwangerschaft verändern sich die Blutmenge, sowie die Blutviskosität aufgrund der hormonellen Umstellung. Weiter werden die Venen in Bauch und Rücken durch die wachsende Gebärmutter abgedrückt. Während und nach der Schwangerschaft ist das Thoromboserisiko daher deutlich erhöht.

Krampfadern

Die erweiterten Venen führen zu einem verlangsamten Blutfluss. Weiter können die Venenklappen nicht mehr komplett schliessen und das Blut bleibt längere Zeit liegen (Stase).

Phlebitis

Bei der Venenentzündung (Phlebitis), sind die Venenwände verändert und es kommt zur Blutgerinnung an den verletzten Stellen.

Operationen

Bein-, Becken- und Bauchoperationen erhöhen das Risiko eine Thrombose zu erleiden stark. Dabei kann es nicht nur in den von der Operation verletzten Gefässen zur Blutgerinnung kommen. Durch die erhöhte Gerinnungsneigung können sich auch im Bein Thrombosen bilden. Die Bettlägerigkeit nach der Operation erhöht das Thromboserisiko zusätzlich.

Herzerkrankungen

Das Herz ist der Motor des Bluttransports. Gewisse Herzprobleme, z.B. die Rechtsherzschwäche, kann zu einer Verlangsamung des Blutflusses führen und so das Risiko für eine Thrombose erhöhen.

Weitere Risikofaktoren

Übergewicht und ungesunde Ernährung, insbesondere eine ungenügende Trinkmenge erhöhen die Blutviskosität. Weiter können gewisse Medikamente und das Rauchen durch Ablagerung von schädlichen Stoffen zu kleinsten Verletzungen der Gefässinnenwand führen. Die Antibabypille greift in den Hormonhaushalt ein, was insbesondere in Kombination mit dem Rauchen zu einem erhöhten Thromboserisiko führen kann.

Gewisse Erbkrankheiten und Tumore können die Blutgerinnung und damit die Thromboseneigung beeinflussen.

Vorbeugen

Ein guter Lebensstil, das heisst gesunde Ernährung, genügend Trinken, regelmässige Bewegung und der Verzicht aufs Rauchen, ist bei gesunden Personen ausreichend, um eine Thrombose vorzubeugen. In der Schwangerschaft, auf Flugreisen und bei Krampfadern sollten zusätzlich Kompressionsstrümpfe getragen werden, um den Blutfluss zu begünstigen. Bettlägerigen Patienten, sowie Personen mit einem Gipsverband werden mit gerinnungshemmende Medikamenten behandelt. Weiter kann die apparative intermittierende Kompressionstherapie (AIK) eingesetzt werden, um Stauungen in den Beinvenen zu vermeiden.

Symptome

Wadenschmerzen, Schwellungen, Spannungsgefühle, Schmerzen beim Druck auf die Fusssohle, muskelkaterartige Schmerzen, Hitzegefühl, sowie bläuliche Hautverfärbungen sind häufige Anzeichen für eine tiefe Venenthrombose. Durch hochlagern des Beins nehmen die Beschwerden oft ab. Achtung: Nicht alle Thrombosen verursachen starke Beschwerden, es handelt sich dennoch um einen medizinischen Notfall, der sofort von einem Arzt behandelt werden muss.

Diagnose

Oft erkennt der Arzt eine Thrombose schon durch betrachten der Beine. Mit einer Ultraschalluntersuchung kann der Verdacht erhärtet werden. Weiter wird dem Patient Blut abgenommen um die D-Dimere zu bestimmen. Sie sind Abbauprodukte des Fibrins und ein Hinweis darauf, dass der Körper versuch ein Blutgerinnsel abzubauen. Moderne bildgebende Verfahren wie MRT oder CT werden vor allem bei Verdacht auf eine Beckenvenenthrombose oder eine Thrombose in Organen des Bauchraums angewendet. Die Diagnose der Venenthrombose kann aber schwierig sein, denn gelegentlich verläuft sie ohne Symptome!

Behandlung

Die Thrombose ist ein medizinischer Notfall und muss umgehend einem Arzt vorgeführt werden, auch in der Nacht oder am Wochenende. Die meisten Thrombosen lassen sich medikamentös behandeln. Es wird ein blutverdünnendes Medikament, oft Heparin, gespritzt um das Blutgerinnsel aufzulösen. Weiter muss der Patient Kompressionsstrümpfe tragen.

In seltenen Fällen muss ein Blutgerinnsel operativ entfernt werden.

Um eine erneute Thrombose vorzubeugen müssen Patienten für einige Zeit gerinnungshemmende Tabletten mit Cumarin-Derivate (z.B. Marcumar) einnehmen. Wie lang die Therapie andauert, hängt von der Ursache der Thrombose ab. Wer konstant ein stark erhöhtes Thromboserisiko hat, muss die Medikamente unter Umständen lebenslänglich einnehmen.

Kompressionsstrümpfe oder Thrombosestrümpfe

Bei einer Thrombose werden medizinische Kompressionsstrümpfe der Klasse 2 verschrieben. Diese sind in verschiedenen Ausführungen erhältlich, z.B. als Kniestrumpf, Schenkelstrumpf und Strumpfhose. Weiter gibt es ganz unterschiedliche Farben und Qualitäten, sowie Strümpfe mit offener und geschlossener Fussspitze. Aufgrund ihrer hochwertigen Verarbeitung bieten Kompressionsstrümpfe ein modisches Erscheinungsbild und besten Tragekomfort im Alltag.

Thrombosestrümpfe hingegen sind nur für bettlägerige Patienten geeignet und werden im Krankenhaus vor Operationen abgegeben, um Thrombosen vorzubeugen. Sie sind immer weiss, mit einer offenen Fussspitze.

Komplikationen

Die gefürchtetste Komplikation bei einer Thromboseerkrankung ist die Lungenembolie. Teile des Blutgerinnsels können abreissen und vom Blutstrom mittransportiert werden. Gelangen Sie in die Lunge werden Blutgefässe verstopft. Das dahinterliegende Areal wird nicht mehr mit Blut versorgt. Sehr kleine Embolien werden meist nicht bemerkt. Wenn grössere Gebiete der Lunge nicht mehr richtig versorgt werden, kann es aber zu Atemnot und im schlimmsten Fall zum Tod kommen. Wer während einer Thrombose an Kurzatmigkeit, Burstschmerzen, Husten, Herzrasen, Angst und Schweissausbrüchen leidet, muss sich unverzüglich in Spitalpflege bringen lassen, denn das sind Anzeichen einer lebensgefährlichen Lungenembolie. Achtung: In dieser Situation niemals selber Fahren, es besteht die Möglichkeit ohnmächtig zu werden. Im Notfall den Rettungsdienst verständigen und sich abholen lassen.

Postthrombotisches Syndrom

Eine weniger bedrohliche, aber dennoch ernstzunehmende Spätfolge ist das postthrombotische Syndrom. Die Thrombose führt oft zu Schäden an den Venenwänden und Venenklappen. Der Blutfluss wird verschlechtert, es kann zu Stauungen und Reflux (Rückfluss) in den Venen kommen. In der Folge ist die Versorgung der Haut und des Gewebes eingeschränkt. Es kommt zu Schwellungen, Hautveränderungen und schlussendlich zu einem offenen Bein. Diese Erkrankung ist auch unter dem Begriff chronische venöse Insuffizienz (CVI) bekannt.

Kompressionsstrümpfe nach Thrombose

Das postthrombotische Syndrom trifft ca. die Hälfte der Thrombosepatienten ein bis mehrere Jahre nach der Thrombose. Ärzte empfehlen deshalb, nach einer Thrombose weiterhin Kompressionsstrümpfe zu tragen, um die Venen zu unterstützen und weitere Schäden an den Gefässen vorzubeugen.